Qualität – ein großes Wort mit vielen Bedeutungen. Ob Garvin, Grönroos oder Donabedian: Viele schlaue Menschen haben sich schon mit den Fragen auseinandergesetzt, was Qualität denn eigentlich genau ist und welche Ansätze es gibt, um sie zu definieren. Dabei sind verschiedene Modelle zutage gekommen, die vermutlich auch in dem einen oder anderen Hörsaal an die Wand geworfen werden. In der Praxis hingegen sind es vor allem normative Anforderungen, durch die Qualität definiert wird.

Ein kleiner Exkurs in den Hörsaal

Ein Mann, der sich schon 1984 mit verschiedenen Ansätzen von Qualität beschäftigt hat, ist der US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler David A. Garvin. Tätig an der Harvard Business School in Boston veröffentlichte er seinen Artikel „What Does ‚Product Quality‘ Really Mean?“. Er kommt zu dem Schluss, dass Produktqualität mithilfe von fünf verschiedenen Ansätzen betrachtet werden kann:

  1. Transzendenter Ansatz:
    Die Qualität eines Produktes gleicht einer immanenten Güte, die zwar zu erkennen, aber nicht genau zu definieren ist.
  2. Produktbasierter Ansatz:
    Die unterschiedliche Qualität von Produkten zeigt sich anhand der unterschiedlichen Ausprägungen bestimmter Attribute.
  3. Anwenderbasierter Ansatz:
    Die Qualität eines Produktes definiert sich über die verschiedenen Kundenanforderungen und ist damit subjektiv.
  4. Herstellungsbasierter Ansatz:
    Die Qualität eines Produktes definiert sich über die Erfüllung bestimmter Anforderungen bzw. die Abweichungen von der Spezifikation.
  5. Wertbasierter Ansatz:
    Die Qualität eines Produktes wird in wechselseitiger Abhängigkeit von den Kosten auf Herstellerseite und dem Preis auf Kundenseite definiert.

Was aber können wir in unserer heutigen Praxis von solchen theoretischen Ansätzen lernen? Sie bieten uns eine Art Fahrplan, mithilfe dessen wir uns in verschiedene Sichtweisen hineinversetzen und Maßnahmen für Qualitätsmanagement und -sicherung ableiten können.

Qualität – eine Frage der Perspektive

Dass Menschen die Themen und Fragen, die sie umgeben, aus ihrer ganz eigenen Perspektive betrachten, ist normal. Dasselbe gilt auch für Wissenschaftler und ihre Modelle. Während Garvin sich der Qualität von Produkten widmet, bezieht sich der amerikanische Medizinprofessor und Qualitätsforscher Avedis Donabedian in seinem Modell von Qualität auf ärztliche und pflegerische Leistungen. Christian Grönroos, Professor an der Hanken School of Economics in Finnland, konzentriert sich hingegen auf Dienstleistungsqualität.

Diese Vielfalt an Perspektiven und damit auch an Ansätzen, um sich dem Thema Qualität zu nähern, sind hinsichtlich der diversen Produkt- und Dienstleistungsarten notwendig, denn nicht nur hochwertige Produkte sind das, was wir wollen: Von unseren Ärzt:innen, von den Pflegekräften in dem Wohnheim unserer Eltern oder Großeltern und auch von den Erzieher:innen in den Kindertagesstätten erwarten wir eine gute – und damit qualitativ hochwertige – Versorgung.

Im dem Zuge sind neben theoretischen Modellen vor allem normative Anforderungen zur Einordnung der Qualität von großem Interesse. Laut Garvins Überlegungen dürften diese wohl dem herstellungsbasierten Ansatz von Qualität entsprechen. Die ISO 9001 als gültige Norm zum Qualitätsmanagement versteht unter Qualität den Grad der Erfüllung gegebener Anforderungen. Damit gibt die Qualität an, inwieweit ein Produkt oder eine Dienstleistung definierten Anforderungen entspricht. Die weiteren, zum Teil branchenspezifischen Normen bieten dafür notwendige Richtlinien zur Beschaffenheit von Produkten und Dienstleistungen – und damit auch eine Orientierungshilfe für Hersteller und Käufer.

Ein wichtiger Zeuge: Das Auge des Betrachters

Bei der Frage nach Qualität ist das Auge des Betrachters sehr entscheidend – ganz im Sinne des anwenderbasierten Ansatzes nach Garvin. Auch wenn jeder Ansatz eine relevante Perspektive aufwirft, ist es letztlich doch die subjektive Wahrnehmung der Käufer:innen, die den Erfolg am Markt maßgeblich beeinflusst. Überzeugt ein Produkt nicht, wird es kein zweites Mal gekauft und auch nicht weiterempfohlen.

Da liegt es nahe, die Kundenanforderungen als einen wichtigen Maßstab zu betrachten, an dem sich die im produktbasierten Ansatz genannten Attribute orientieren. Theoretische Modelle bieten uns also die Ansätze, um Qualität von Produkten und Dienstleistungen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Mithilfe von Gesetzen und Normen werden aus diesen Überlegungen spezifische Mindestanforderungen definiert. Diese können erfüllt oder gar übertroffen werden. Und an genau dieser Stelle lassen sich relativ einfach Wettbewerbsvorteile schaffen, denn die Erfüllung der Anforderungen setzen sich schon heute die meisten Unternehmen als Ziel. Diese aber zu übertreffen, bringt den Vorteil. Ein typisches Beispiel aus der Weihnachtszeit sind LED-Lichter: Ein CE-Siegel haben die meisten von ihnen – was sie unterscheidet, ist ihre Lebensdauer. Ob ein Produkt oder eine Dienstleistung qualitativ hochwertig ist, entscheidet sich damit zu guter Letzt immer auch durch die Erfüllung der Kundenbedürfnisse.

Kommentare

17.08.23
Klasse Blog! weiterlesen

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